Was ändert sich, wenn ich nach dem Verkauf meines Unternehmens weiter als angestellter Geschäftsführer arbeiten möchte?
Eine unternehmerische Karriere bringt viele Freiheiten mit sich. Unter anderem auch - in vielen Fällen - die Sozialversicherungsfreiheit. Das heißt, vom monatlichen Bruttolohn des GmbH-Geschäftsführers & Unternehmensinhabers wird nicht, wie es bei regulären Arbeitnehmern üblich ist, der Arbeitnehmeranteil für die Rentenversicherung abgezogen. Der Unternehmer ist für seine Altersvorsorge selbst verantwortlich. Wenn aber der Unternehmensinhaber sein Unternehmen verkauft und weiterhin als Geschäftsführer angestellt bleiben möchte, stellt sich die Frage: bleibt die Sozialversicherungsfreiheit bestehen?
Bedingung für die Sozialversicherungsfreiheit von GmbH-Geschäftsführern
Pauschal kann gesagt werden: wer Mehrheitsgesellschafter einer GmbH ist, die mehrere Mitarbeiter hat und zugleich als GmbH-Geschäftsführer agiert, der ist üblicherweise von der Sozialversicherungspflicht ausgenommen. Der Geschäftsführer ist als Mehrheitsgesellschafter in solchen Szenarien naturgemäß nicht “weisungsgebunden” und trägt zudem das komplette unternehmerische Risiko.
Das heißt also konkret: weder Beiträge zur Arbeitslosenversicherung, noch Beiträge zur Renten- und Pflegeversicherung müssen entrichtet werden. Der Geschäftsführer hat also einen höheren Nettolohn (muss von diesem aber wiederum seine Vorsorge selbst regeln), das Unternehmen muss gleichzeitig auch keinen Arbeitgeberanteil an die gesetzliche Sozialversicherung entrichten.
Natürlich gibt es viele unterschiedliche Konstellationen, in denen die Weisungsfreiheit eines Geschäftsführers aufgehoben werden kann. Beispielsweise wenn über eine Gesellschaftervereinbarung der Mehrheitsgesellschafter aufgrund von Sperrminoritäten von Minderheitsgesellschaftern eben nicht mehr frei agieren kann. Dies klammern wir an dieser Stelle jedoch aus, sondern fokussieren uns nur auf den Standardfall.
Hinweis: dieser Artikel ist keine steuerliche Beratung und ersetzt nicht das qualifizierte Gespräch mit einem fachkundigen Steuerberater, Lohnsteuerexperten etc.
Änderung der Situation: Mehrheitsgesellschafter ist nicht mehr Gesellschafter, aber weiterhin als GmbH-Geschäftsführer angestellt
Im fortgeschrittenen Alter möchte der Unternehmensinhaber seine Nachfolge regeln und entschließt sich dazu, seine Gesellschaftsanteile zu veräußern. Der neue Inhaber möchte gerne mit dem Gründer des Unternehmens weiter zusammenarbeiten, weshalb sich beide Parteien darauf einigen, dass der ehemalige Unternehmensinhaber fortan als angestellter Geschäftsführer für die Gesellschaft tätig ist.
Der GmbH-Geschäftsführer ist also nun nicht mehr beherrschender Gesellschafter und müsste - so die erste Intuition - somit nun der Sozialversicherungspflicht unterliegen. Für das Unternehmen kämen somit entsprechende Kosten hinzu und der GmbH-Geschäftsführer müsste ebenfalls seinen Beitrag an die Rentenversicherung entrichten (bekommt somit weniger Nettogehalt ausgezahlt).
Ein grobes Prüfungsschema, ob der GmbH-Geschäftsführer nun Sozialversicherungspflichtig ist, sieht wie folgt aus:
Hat der GmbH-Geschäftsführer die Regelaltersgrenze erreicht? Wie viele Jahre sind es noch bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze?
Zunächst sollte für den angestellten GmbH-Geschäftsführer die Regelaltersgrenze ermittelt werden. Diese ist nämlich, je nach Geburtsjahrgang, aufgrund verschiedener Gesetzesänderungen nicht einfach zu ermitteln. Am besten wird dazu der Rechner der Deutschen Rentenversicherung genutzt.
Wenn der GmbH-Geschäftsführer die Regelaltersgrenze schon erreicht hat, ist er von der Sozialversicherungspflicht befreit. Das heißt: der Arbeitnehmeranteil für die Renten- und Arbeitslosenversicherung muss nicht entrichtet werden. Der Arbeitgeber muss jedoch weiterhin einen weiteren, wenn auch etwas geringeren Beitrag zahlen.
Das gilt für alle drei Szenarien:
Der GmbH-Geschäftsführer hat zuvor sein gesamtes Leben nicht Sozialversicherungspflichtig und hat entsprechend keine Beiträge entrichtet
Der GmbH-Geschäftsführer war weniger als fünf Jahre Pflichtversichert und hat keinen Anspruch auf eine Altersrente. In diesem Fall kann sich der GmbH-Geschäftsführer nämlich die Beiträge erstatten lassen.
Der GmbH-Geschäftsführer war länger als fünf Jahre pflichtversichert und hat eine Altersrente beantragt.
Wenn der GmbH-Geschäftsführer die Regelaltersgrenze allerdings noch nicht erreicht hat, stellen sich im Anschluss weitere Fragen, die zunächst zu beantworten sind, ehe eine Einschätzung hinsichtlich der Sozialversicherungspflicht zu treffen ist.
Kann für den GmbH-Geschäftsführer überhaupt noch ein Rentenanspruch entstehen?
Maßgeblich ist dabei zunächst, ob der GmbH-Geschäftsführer mehr oder weniger als fünf Jahre vom Erreichen der Regelaltersgrenze entfernt ist.
Wenn der GmbH-Geschäftsführer mehr als fünf Jahre vom Erreichen der Regelaltersgrenze entfernt ist, ist er sozialversicherungspflichtig. Er kann in diesen fünf Jahren - ganz unabhängig ob zu einem früheren Zeitpunkt schon einmal Beiträge entrichtet wurden - entsprechend so viele Beiträge einzahlen, dass er dann ab Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf eine (wenn auch voraussichtlich minimale) Altersrente hat.
Wenn der GmbH-Geschäftsführer hingegen weniger als fünf Jahre von dem Erreichen der Altersgrenze entfernt ist, stellt sich die Anschlussfrage:
War der GmbH-Geschäftsführer schon einmal freiwillig und pflichtversichert in der gesetzlichen Sozialversicherung? Wenn ja, wie lange?
In diesen Fällen stellt der Gesetzgeber auf die konkrete Anzahl der Monate der Beitragspflicht (bzw. freiwilligen Beitragszahlung) ab. Wenn also die Zeit vom Beginn der Tätigkeit (=Verkauf des Unternehmens) bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze ausreicht, um fünf volle Jahre Beitragszahlung zu erreichen (und somit einen Anspruch auf Altersrente zu erwirken), so entsteht eine Pflicht zur Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge.
Wenn die Zeit bis zur Regelaltersgrenze nicht ausreicht, um auf fünf volle Beitragsjahre zu kommen, entsteht zwar auch eine Sozialversicherungspflicht. Allerdings kann der GmbH-Geschäftsführer nach Erreichen der Regelaltersgrenze sich auf Antrag die geleisteten Beiträge zurückerstatten lassen (Hinweis: Der Arbeitgeber kann dies allerdings nicht).
Anmerkung: Die Möglichkeit der Beitragserstattung, sofern weniger als fünf Jahre Beiträge in die gesetzliche Sozialversicherung gezahlt wurden, ist aus Perspektive des GmbH-Geschäftsführers sicherlich die interessanteste Variante. Statt einen fortlaufenden minimalen Rentenanspruch vom Staat zu generieren, erhält er die Beiträge erstattet und kann mit diesen - beim Erreichen der Altersgrenze - selbst für seine Absicherung im Alter sorgen.
Sozialversicherungspflicht: Klarheit im Vorfeld wichtig, um Planung zu ermöglichen
Die Tatsache, dass Sozialversicherungspflicht entsteht und - in vielen Fällen - auch zum Entstehen von minimalen Rentenansprüchen - ist für die betroffenen Personen (in diesem Fall: GmbH-Geschäftsführer) finanziell nicht zwangsläufig negativ, da die Höhe der Rente ja auf die durchschnittliche Lebensdauer abgestellt ist.
Vielmehr ist das Ganze Thema oft ein eher emotionales: Nach Jahren im Unternehmertum und dem größten Maß an Eigenverantwortung existiert oft ein gewisser Stolz auf die Unabhängigkeit vom Staat. Auch die Altersvorsorge wurde entsprechend eigenständig, mit den Erträgen aus dem Unternehmen organisiert. Kurz vor dem Erreichen der Regelaltersgrenze dann noch mit dem Zahlen von Beiträgen zur Renten- und Arbeitslosenversicherung zu beginnen, wirkt da für viele “überflüssig”, weil die Höhe der staatlichen Rente in diesem Fall sowieso nur sehr gering ausfallen wird.
Bei der Planung der Unternehmensnachfolge ist es also für beide Seiten (für den Verkäufer, der noch weiter als GmbH-Geschäftsführer arbeiten möchte, und für den neuen Gesellschafter) wichtig, die Situation zu verstehen. Einerseits für das Unternehmen, um die neu anfallenden Sozialabgaben entsprechend einzuplanen. Gleichzeitig für den GmbH-Geschäftsführer, um eine Verwunderung zu vermeiden, wenn der Nettobetrag auf dem Konto nach Verkauf des Unternehmens geringer ausfällt, obgleich sich das Brutto-Gehalt faktisch nicht geändert hat.
Übrigens, im Kontext der Unternehmensnachfolge spielen häufig auch Freibeträge ab 55 Jahren eine Rolle.
Autor: Niels Reinhard