Software als immaterielles Wirtschaftsgut

Unternehmen haben zwei unterschiedliche Arten von Kosten. Kosten, die zum laufenden Betrieb notwendig sind und Investition, die heute Kosten verursachen und den Ertrag erst morgen bringen (Investitionsausgaben). Was passiert jedoch, wenn ein Unternehmen eine Software programmiert, die anschließend für viele Jahre verkauft wird? Handelt es sich hier - also bei der vom Programmierer aufgewendeten Zeit - um Betriebs- oder Investitionsausgaben?

Unternehmerische Eigenleistungen, die zum Verbleib im Unternehmen gedacht sind - im traditionellen Sinne also gebaute Maschinen oder Gebäude / Fabriken - konnten handelsrechtlich schon immer “aktiviert” werden und somit in der Bilanz als Vermögensgegenstand des Anlagevermögens auftauchen.

Doch nicht nur Sachanlagevermögen, sondern auch immaterielle Anlagevermögen (immaterielle Wirtschaftsgüter) können handelsrechtlich “aktiviert” werden. Die hat insbesondere eine hohe Relevanz für Unternehmen, die Software herstellen.

Grundsätzlicher Wirkungszusammenhang

Der Gesetzgeber ermöglicht es Unternehmen, die “Wirtschaftsgüter” produzieren und dazu im Vorfeld hohe Kosten (Herstellung, Personal, Material, etc.) haben, diese handelsrechtlich durch eine Aktivierung in der Gewinn- und Verlustrechnung zu neutralisieren.

Wenn beispielsweise ein Unternehmen im Referenzjahr 200.000 € Personalkosten + 100.000€ Materialkosten für den Bau einer neuen Maschine hatte, dann können diese Kosten - die zwangsläufig in der GuV auftauchen - über eine Aktivierung neutralisiert werden. Denn die Eigenleistung (Bau der Maschine) ist als Ertrag zu erfassen, wie in § 275 Abs. 2 HGB geregelt ist. Die Kosten werden dann - im Rahmen einer über die Nutzungsdauer verteilten Abschreibung - gleichmäßiger auf die Jahre verteilt.

So können Unternehmen große Brüche (die von externer Seite als Unregelmäßigkeiten aufgefasst werden können) in ihrer Handelsbilanz vermeiden, und die Investitionen in das Anlagevermögen gleichmäßig über die Jahre als Kosten (über die Abreibung) buchhalterisch erfassen.

Softwareentwicklung kann also grundsätzlich zur Schaffung eines immateriellen Vermögenswertes beitragen (ob und inwiefern es sich wirklich um einen “Vermögenswert” handelt, ist stets zu prüfen).

Wann kann “Softwareentwicklung” als Eigenleistung ins Anlagevermögen aktiviert werden?

Softwareentwicklung, die lediglich im Rahmen vom klassischen Dienstleistungsgeschäft (Agenturmodell) durchgeführt wird, ist von der klassischen Aktivierung ins Anlagevermögen ausgeschlossen. Wenn also Firma X im Rahmen eines definierten Projekts mit Kunde Y einen Vertrag abschließt, der dem Kunden Y nach Abschluss des Projektes die ausschließlichen Nutzungsrechte - inklusive der vollständigen Übergabe des Quellcodes etc. - garantiert, so ist dies nicht als Eigenleistung hinsichtlich einer Aktivierung ins Anlagevermögen zu sehen.

Wenn die erstellte Software jedoch primär dazu bestimmt ist, den Geschäftsbetrieb des herstellenden Unternehmens zu unterstützen, und somit nicht in ihrer Gänze zu Verkauf steht (kein Abtritt ausschließlicher Nutzungsrechte), kommt eine Aktivierung als Eigenleistung ins Anlagevermögen in der Handelsbilanz in Frage (Aktivierungswahlrecht nach §248 Abs. 2 HGB). Auch wenn die Software also an Kunden unter Einräumung eines einfachen Nutzungsrechts vertrieben oder über ein SaaS-Modell vermietet wird (siehe: Blogartikel), können die für die Entwicklung der Software entstandenen Ausgaben bilanziell ins Anlagevermögen aktiviert werden.

Vorsicht: Steuerrechtlich besteht explizit ein Verbot der Aktivierung von Herstellungskosten von Software ( § 5 Abs. 2 EStG ). Es kann somit - wenn sich das Unternehmen für eine Aktivierung aus handelsrechtlicher Perspektive entscheidet - durchaus zu Unterschieden im ausgewiesenen Gewinn kommt. In diesen Fällen (wenn also der handelsrechtliche Gewinn höher ausgewiesen wird) kommt es zur passiven Abgrenzung der darauf entfallenden Steuern.

Welche Kosten für die Softwareerstellung können aktiviert werden?

Softwareerstellung wird grundsätzlich nicht als experimenteller, ergebnisoffener Prozess gesehen. Vielmehr existiert ein zuvor am Markt validiertes Konzept, welches es lediglich mit entsprechenden Ressourcen umzusetzen gilt. Deswegen sind sämtliche Kosten, die während einer Forschungsphase entstehen, grundsätzlich nicht aktivierbar.

Sobald jedoch die “Entwicklungsphase” beginnt, können die anfallenden Kosten zu einem Großteil aktiviert werden. Dazu gehören insbesondere:

  • Materialkosten

  • Gehälter von Programmierern / Grafikdesignern

  • Kosten für Zertifizierung

  • Gemeinkosten der Softwareerstellung (Versicherungen, Wartungskosten)

Wann ist die Aktivierung der Herstellungskosten in der Handelsbilanz sinnvoll?

Das HGB ermöglicht es Softwareunternehmen, die Herstellungskosten für ihre Softwareprodukte bilanziell zu aktiveren. Die direkten Effekte sind ein höherer handelsrechtlicher Gewinn (im Vergleich zum steuerrechtlichen Gewinn) und somit die Möglichkeit, die Unternehmensentwicklung in einer Form darzustellen, die den “Investitionscharakter” der in die Produktentwicklung investierten Arbeitsstunden abbilden kann.
Würden diese Personalkosten ausschließlich als Betriebsausgaben gesehen, würde die GuV des Unternehmens im spezifischen Jahr einen deutlich negativen Effekt verkraften müssen, der für viele externe Kapitalgeber (Banken, etc.) kritisch wirken würde. Dadurch, dass der Effekt über die Jahre der Nutzungsdauer verteilt wird, kann die Investition direkt im Verhältnis zum damit erzielten “Return” gesehen werden. Da steuerrechtlich keine Aktivierung möglich ist, handelt es sich also - hart gesprochen - lediglich um eine optische, buchhalterische Formalie die den Geschäftsverlauf geglättet darlegt, während dies an den wirklichen fundamentalen Bedingungen des Unternehmens nichts ändert.

Autor: Niels Reinhard