Die Suche
Für den Verkäufer gilt es abhängig von seinen Präferenzen über die interne oder externe Herkunft des neuen Eigentümers eine Liste relevanter möglicher Übernehmer zu identifizieren, denen ein Verkaufsangebot unterbreitet werden soll. Wie finden verkaufsbereite Unternehmer also passende Investoren für die Nachfolge?
Das Universum möglicher Nachfolger besteht dabei neben Einzelpersonen mit Management-Erfahrung aus institutionellen Investoren wie Private Equity Fonds, Beteiligungsgesellschaften und Family Offices sowie aus anderen Unternehmen. Aufgrund der großen Zahl in Frage kommender Kandidaten und der relativen Diskretion in der Branche ist die Erstellung einer long list häufig komplexer als gedacht. Zwar ermöglichen diverse Branchenverzeichnisse der Beteiligungswirtschaft einen guten Überblick über die institutionellen Investoren, darüber hinaus ist eine ausreichende Marktübersicht aber oft nur durch Netzwerke möglich. Bevor eine Suche gestartet wird, entscheidet sich der Verkäufer grundsätzlich für eine Vorgehensweise hinsichtlich der Ansprache:
Bei der direkten Ansprache gestalten und führen ein oder mehrere Gesellschafter des Unternehmens den Suchprozess selbst und sprechen potentielle Interessenten in Eigenregie an. Dieses Vorgehen empfiehlt sich insbesondere dann, wenn die Gesellschafter bereits Transaktionserfahrung gesammelt haben und das eigene Netzwerk zu potentiellen Kandidaten vielfältig und stark ist.
Die indirekte Ansprache einer breiteren Basis möglicher Investoren kann etwa über speialisierte Internetplattformen wie Carl Finance oder die nexxt-Plattform der IHK erfolgen. Auf diesem Weg werden viele Interessenten angesprochen, die sich für das Unternehmen interessieren könnten. Obwohl so eine größere Zielgruppe erreicht wird, ist dieses undifferenzierte Vorgehen ist häufig nicht im Sinne des Unternehmers: Unter keinen Umständen will er seine Transaktionsabsicht an Wettbewerber, Mitarbeiter oder andere Stakeholder kommunizieren, ohne die vollständige Kontrolle über den Prozess zu haben.
Der erste Kontakt
Unabhängig von der Art der Ansprache kommt es früh im Prozess zum direkten Kontakt zwischen Verkäufer und Kaufinteressent. In vielen Fällen wird dieser Kontakt von einem “Berater” (Intermediär) geknüpft. Aus Unternehmersicht hat das Hinzuziehen eines Beraters massive Vorteile:
Informationsstrukturierung
Haben beide Seiten ein erstes Interesse an der Sondierung einer Transaktion bekundet, stellt der Verkäufer dem Interessenten umfangreiche Informationen zu Umsatzstruktur, Kundensegmente, Profitabilität, Marktsituation und Bilanz (wie in Abschnitt 3 ausführlich besprochen) zur Verfügung. Das Ziel ist, dem Interessenten in komprimierter Form einen Überblick über die aktuelle Situation und Entwicklung des Unternehmens zu geben. Für die Aufbereitung dieser Informationen kann es sinnvoll sein, einen auf derlei Transaktionen spezialisierten Berater hinzuzuziehen. Dieser kennt, häufig aus eigener operativer Erfahrung, die Bewertungsmodelle und Prüfsteine Käufers und hilft dem verkaufenden Unternehmen die passenden Verkaufsunterlagen zu produzieren. Das Aufbereiten der Informationen ist oftmals – gerade, wenn es neben dem Tagesgeschäft besorgt werden muss – sehr zeitaufwendig, weshalb ein erfahrener externer Berater in diesem Kontext echten Mehrwert leisten kann.
Käuferansprache
Neben der Unterlagenerstellung unterstützt ein M&A-Berater üblicherweise bei der Käuferansprache. Häufig aktiviert ein Berater auch sein eigenes Netzwerk möglicher Käufer und erhöht so die Wahrscheinlichkeit einer Transaktion.Ein Berater kann Interessenten in Erstgesprächen vorqualifizieren,die Liquidität der Interessenten überprüfen und Dokumente bereitstellen – kurzum sicherstellen, dass die Gesellschafter nur Kaufinteressenten mit einer realistischen Beteiligungsperspektive treffen.
Prozessmanagement
Ein Berater übernimmt zudem die Prozesslogistik von der Vorbereitung und Aufbereitung der Dokumente über Abgabe erster indikativer Angebote undder Organisation persönlicher Treffen bis zurBegleitung der Verhandlungen und Unterstützung bei der Gestaltung der Transaktionsdokumente.
Aus Gesellschaftersicht ist es also häufig sinnvoll, einen spezialisierten M&A-Berater für den Unternehmensverkauf hinzuzuziehen. Gerade für Gesellschafter ohne vorherige Transationserfahrung kann der Verkaufsprozess in seiner Intensität und Unwägbarkeit nicht nur zeitaufwendig, sondern auch emotional belastend sein. Ein guter Berater strukturiert, führt und erläutert den Verkaufsprozess so, dass der verkaufende Gesellschafter sich aufs Tagesgeschäft konzentrieren kann und trotzdem immer auf dem aktuellen Stand des Prozesses ist.
Um einen Berater anleiten und steuern zu können, ist dabei ein Verständnis des Geschäftsmodells des Beraters essentiell. Ein Berater wird normalerweise mit einem (in der Regel geringen) monatlichen Fixgehalt entlohnt und erhält im Falle einer erfolgreichen Transaktion einen Prozentsatz des Verkaufspreises als Kommission. Entsprechend motiviert ist der Berater, für den Verkauf den höchstmöglichen Preis zu erzielen. Erfahrene M&A-Berater wissen allerdings, dass die bedingungslose Maximierung des Transaktionsvolumens allein häufig sogar einen negativen langfristigen Reputationseffekt haben kann. Stattdessen agieren sie als vertrauensvolle Partner und kundige Berater ihrer Mandanten und berücksichtigen in ihren Überlegungen stets die besten Interessen des Unternehmens. Nichtsdestotrotz sollte der ihn engagierende Unternehmer die Anreizstruktur seines Beraters kennen, um die Beziehung produktiv zu gestalten.
Die Qualifizierung
Nach der Kontaktaufnahme bemühen sich Verkäufer und Käufer bzw. ihre Berater um eine schnelle Qualifizierung der Gegenseite. Das Ziel beider Parteien ist es herauszufinden, ob die Gespräche vertieft und mehr Ressourcen in die Verhandlungen investiert werden sollen. Ausschlaggebend sind hierbei vor allem die Opportunitätskosten beider Seiten: Der Verkäufer möchte seine Zeit nicht mit einem schlecht kapitalisierten oder unerfahrenen Investor verschwenden, der Käufer seine Zeit nicht mit einem Unternehmen ohne Zukunftsperspektive.
Abhängig von der Kommunikation der Verkaufsintention wird es eine große Zahl an Interessenten geben. Um möglichst schnell die Kandidaten zu identifizieren, mit denen es sich lohnt weiter zu sprechen, sollte der Verkäufer schon vor Beginn des Prozesses festlegen, welche Eigenschaften ein idealer Investor haben sollte. Neben persönlichen Präferenzen sind in unserer Erfahrung fast immer die folgenden Eigenschaften essentiell:
Seriösität
Auch wenn es nicht offensichtlich sein mag, gibt es auch auf der “Buy Side” also auf Seiten der Investoren, diverse in Geschäftsgebaren und Umgang unseriöse Akteure, die häufig nicht die besten Interessen ihrer Mandanten im Sinn haben. Für eine erste Selektion reicht häufig schon eine simple Internetrecherche: Existiert die Person/das Unternehmen und welche Informationen lassen sich im Internet über die Vita des potentiellen Käufers finden? Wenn es sich um einen professionellen Investor handelt: Welche Informationen lassen sich über die Webseite identifizieren? Welche anderen Beteiligungen ist die Gesellschaft in der Vergangenheit eingegangen? Wie haben sie in diesen Beteiligungen agiert? Für die Recherche zu Rechtspersönlichkeiten sind Einsichten in öffentlichen Quellen ratsam, etwa im Bundesanzeiger oder dem Handelsregister. Hier lässt sich sehr schnell ermitteln, wie groß die Finanzkraft des Investors ist und welche LPs in seinen Fonds investiert sind . Diese erste Recherche reicht häufig, um das Feld der potentiellen Investoren auf eine übersichtliche Zahl zu reduzieren. Bestehen weiter Zweifel an der Seriosität eines Interessenten, kann die Verkäuferseite zudem über Mittelsmänner seine Reputation im Markt erfragen oder einen Nachweis über seine Finanzkraft verlangen.
Persönlichkeit
In vielen Fällen kommt es nach einem ersten E-Mail-Wechsel auch zu einem kurzen Telefonat. Dies ist grundsätzlich eine gute Möglichkeit, sich einen ersten Eindruck des jeweiligen Gegenübers zu verschaffen . Entscheiden sich beide Parteien für die Aufnahme von Verhandlungen, werden sie über die folgenden Wochen und Monate täglich miteinander sprechen, häufig mit widerstreitenden Interessen und unter hohem emotionalen und finanziellen Druck. . Für erfolgreiche Verhandlungen ist es daher förderlich, wenn die Verhandlungsführer beider Seiten früh einen persönlichen Rapport entwickeln. Obwohl die Persönlichkeit des Käufers ceteris paribus kein Ausschlusskriterium für eine Transaktion sein sollte, spielt sie für viele verkaufende Gesellschafter häufig eine gewichtige Rolle bei der Auswahl möglicher Käufer.
Liquidität
Auch wenn die Prüfung der Liquidität in der Regel als Teil der Seriositätsprüfung erfolgt, ist vielen Verkäufern wichtig, woher das Geld kommt, mit dem der Verkauf ihres Unternehmens finanziert wird. Wenn es sich um einen institutionellen Investor handelt, findet sich meist eine Pressemitteilung der Gestalt “Fonds XX hat YYY Millionen eingesammelt”. Bei Privatpersonen und Family Offices, die häufig ungleich diskreter agieren, ist die Mittelherkunft mitunter schwerer feststellbar. Ist dies der Fall, sollte die Frage danach entweder direkt in der E-Mail-Konversation oder im Telefonat gestellt werden. Wie der Gefragte reagiert, ist dabei selbst ein wertvolles Signal zur Bewertung des Interessenten. Eine ausweichende Antwort kann ein Indiz dafür sein, dass der Interessent die Finanzierung noch nicht finalisiert hat, sondern sie erst im Laufe der Transaktion besorgen will. Obwohl ein solches Vorgehen durchaus üblich ist, bedeutet es dennoch eine Unwägbarkeit für den Verkäufer. Hat ein Kaufinteressent bereits Transaktionserfahrung und liefert eine valide Erklärung hinsichtlich der Finanzierung zukünftiger Transaktionen, ist die Vollzugswahrscheinlichkeit dagegen tendenziell höher einzuordnen.
Strategische Planung
Basierend auf den ersten persönlichen Interaktionen und de Webseite des Interessenten kann der Verkäufer erste Annahmen über die zukünftige strategische Planung des Investors treffen. Möchte der Kaufinteressent das Unternehmen als eigene Einheit weiterführen? Plant er massive Kosteneinsparungen, im Zweifel zum Nachteil der Belegschaft? Welche Ideen hat er zur Umsatzsteigerung? Welche Expertise kann er dem Unternehmen zur Verfügung stellen?
Es gibt freilich auch Verkäufer, die ausschließlich auf einen möglichst hohen Verkaufpreis optimieren. Grundsätzlich haben aber die meisten Verkäufer die Absicht, das Unternehmen in die Hände eines verantwortlichen und langfristig ausgerichteten Nachfolgers weiterzugeben. Diese verantwortungsbewussten Verkäufer zeigen häufig früh ein detailliertes Interesse an den zukünftigen strategischen Planungen interessierter Investoren und sind sehr sensibel für Pläne, die nicht auf nachhaltiges Wachstum ausgelegt sind.
Vom Interesse zur Absichtserklärung
Hat der Verkäufer die für ihn passenden Interessenten identifiziert, gilt es nun, ihr Kaufinteresse weiter zu validieren und ihnen detaillierte Informationen zum Unternehmen bereitzustellen, die zur Investitionsentscheidung notwendig sind.
Das klare Ziel des Prozesses des Verkäufers ist es hierbei, ein indikatives, d.h. nicht bindendes Angebot vom Kaufinteressenten zu erhalten. Die konkrete Ausgestaltung des Prozesses ist abhängig von der Anzahl konkurrierender Interessenten und der Entscheidung des Verkäufers, wie viel Zeit er für die Beantwortung von Rückfragen und Gespräche aufwenden möchte.
Großer Interessentenkreis
Verfügt das zum Verkauf stehende Unternehmen über eine attraktive Marktposition und eine langfristig positive Ertragslage, produziert eine Ansprache möglicher Interessenten in der Regel viele qualifizierte Rückmeldungen. Die starke Konkurrenz unter den Interessenten stärkt hierbei die Verhandlungsposition des Verkäufers und erlaubt es ihm, von den Interessenten bereits nach einem initialen Gespräch und kurzem Informationsaustausch ein indikatives Angebot zu verlangen.
Rückfragen & Gespräche
Ist der Interessentenkreis als Resultat schlechter Geschäftszahlen oder eines unprofessionellen Anspracheprozesses dagegen eher überschaubar, ist der Verkäufer tendenziell eher bereit, auf die Bedürfnisse und Nachfragen der Interessenten einzugehen, bevor er von ihnen ein indikatives Angebot verlangt. Der Verkäufer wird sich in diesen Fällen besonders bemühen, für persönliche Auskünfte zur Verfügung zu stehen und den Interessenten granulare Daten zur Situation des Unternehmens zugänglich zu machen.
Management-Gespräche
Fast immer ergeben sich für Investoren bei der Durchsicht des initial bereitgestellten Information Memorandums diverse Nachfragen. Um diese Fragen zu beantworten, bietet der Verkäufer Investoren in der Regel die Möglichkeit, persönlich mit Vertretern des Managements und dem verkaufenden Gesellschafter zu sprechen. Diese Gespräche sind oft der effizienteste Weg der Informations- und Kontextbeschaffung für Investoren und erfolgen vornehmlich im Rahmen von Telefonkonferenzen mit einer Dauer von etwa 90 Minuten.
Dokumente
Zur allgemeinen Information und Beantwortung wiederkehrender Fragen über entscheidungsrelevante Kenngrößen wie Liquidität, Umsatzstruktur und Wettbewerb stellt der Verkäufer den Kaufinteressenten bereits vor einer tiefergehenden Prüfung der Geschäftsdokumente im Rahmen einer Due Diligence relevante Dokumente zur Verfügung. Die Bereitstellung der Informationen erfolgt aus Effizienzgründen in der Regel in einem digitalen “Data Room”. Da beide Parteien vor einem ersten Informationsaustausch eine Vertraulichkeitserklärung über die Gespräche sowie den Austausch von Informationen geschlossen haben, können diese Informationen ohne Bedenken bereitgestellt werden.
Die Absichtserklärung
Nachdem der Investor durch Management-Gespräche und den Austausch detaillierter Informationen die Attraktivität des Unternehmens validiert hat und die Exklusivität des Prozesses gewinnen konnte, gilt es im nächsten Schritt, die Bedingungen der Transaktion zu fixieren. Zu diesem Zweck formuliert der Käufer in der Absichtserklärung ein erstes Angebot, zu welchen Bedingungen die Transaktion erfolgen soll. Die typischen Elemente einer solchen Absichtserklärung stellen wir hier im Detail vor.
Autor: Niels Reinhard