Vergütungsmodelle für den (Software)-Vertrieb: Strickland

In einem vorherigen Artikel schrieben wir über die Grundlagen der variablen Vergütung im Vertrieb von Software. In diesem Reihe stellen wir einzelne Vergütungsmodelle vor, um Geschäftsführern, Vertriebsleitern und Unternehmer konkrete Beispiele an die Hand zu geben. 

Alle Modelle, die wir hier vorstellen, werden in dieser oder ähnlicher Form in unseren Gesellschaften eingesetzt. Dementsprechend können wir bei Rückfragen gerne in die Tiefe gehen. Zur Klarstellung: Vergütungsmodelle wie diese sind nur dann sinnvoll, wenn der Vertrieb die Ergebnisse wesentlich beeinflussen kann.

An dieser Stelle auch der Hinweis, dass bei einer ganzheitlichen Betrachtung der Unternehmensstrategie Entscheidungen über den Aufgabenbereichen des Vertriebsteams und den Deckungsbeiträgen des Produktes eine wichtige Rolle spielen. 

Doch beginnen wir mit der Vorstellung des Vergütungsmodells “Strickland”.  Wir geben dem Modell einen Namen um einzelne Ansätze besser diskutieren zu können. 

Übersicht Kompensationsmodell:

In diesem Modell gehen wir davon aus, dass ein kleines Team ein komplexes Produkt (wie ein umfangreiche ERP Software) vertreibt. Durch die Komplexität des Produktes ist Kooperation im Vertriebsteam für den Erfolg wichtig. 

Deshalb wird der Bonus-Pool von einem Umsatzziel für das gesamte Unternehmen ausgelöst. Dadurch wird der Anreiz für die Kollegen geschafft sich zu helfen, da alle am gemeinsamen Strang (dem Ziel auf Unternehmensebene) ziehen. 

Aus produktstrategischer Perspektive zahlen nicht alle Umsätze auf das Unternehmensziel ein - beispielsweise sind Umsätze die durch Schulungen oder Beratung weniger wert als Umsätze die Software-Wartung nach sich ziehen. Dementsprechend ist das Unternehmensziel beschränkt auf eine Art von Umsatz (Lizenzverkäufe).

Um eine Differenzierung zwischen den Mitgliederns des Teams herzustellen, wird Bonus-Pool nach einem einem festgelegten Schlüssen verteilt. Sprich der individuelle Beitrag jedes Mitarbeiters hat keinen Einfluss auf den individuellen Anteils, wohl aber darauf ob überhaupt ein Bonus gezahlt wird.

Basis: Team-Bonus

Alle Mitglieder des Vertriebsteams bekommen den Bonus ausgezahlt, wenn das gemeinsame Ziel erreicht worden ist. 

Vorteil: 

  • Anreiz zur gegenseitigen Unterstützung im Vertriebsteam

  • Einfache Verknüpfung zur Umsatzplanung auf Unternehmenslevel

Nachteil: 

  • Risiko, dass überproportional für den Erfolg verantwortliche Mitarbeiter, sich ungerecht behandelt fühlen

  • Risiko, dass überproportionale Beiträge anderer Abteilungen (Support, Entwicklung) dem Vertrieb in die Hände spielen

Alternativen: 

  • Individuelle Ziele (Umsatz oder Aktivitäten) pro Mitarbeiter die sich zum Unternehmensziel aufsummieren

  • Teilhabe am Team-Bonus pro Vertriebler nur wenn bestimmte Aktivitäten erreicht worden sind (Anzahl Vertriebstreffen, Demos oder Angebote)

Einschränkung: Ziel auf qualifizierte Umsätze

In diesem Modell wird der Bonus durch das Erreichen eines Umsatzziels erreicht. Allerdings haben nicht alle Umsätze denselben Wert für ein Unternehmen und nicht hinter allen Umsetzen steht ein vergleichbarer Vertriebsaufwand. Beispielsweise bieten Softwareunternehmen neben Lizenzen der Produkte oft Schulungen, Anpassungen und auch recht umfangreiche Integrationsdienstleistungen an. 

Der Umsatz, beispielsweise durch eine aufwendige, individuelle Programmierung zu Integration in bestehende Systeme, kann durch entsprechende Tagessätze schnell zu hohem Umsatz führen, aber beispielweise keine Software-Wartung auslösen. In diesem Modell zahlen daher nur Lizenzverkäufe (die Wartung auslösen) auf das Bonus-Ziel ein.

Nicht eingeschränkt wird nach der Kundenart: Für den Bonus ist es also irrelevant, ob neue Kunden Lizenzen kaufen oder bestehende Kunden Module nachkaufen. 

Vorteil: 

  • Eindeutige Fokussierung auf besonders werthaltige Umsätze (Lizenzen)

  • Einfache Administration da nur eine Zahl gemessen wird

Nachteil: 

  • Stark fokussierte Anreize benötigen eine klare Strategie (hier: Steigerung der Lizenzumsätze)

Alternativen: 

  • Ziele auf alle Umsätze ohne Einschränkung auf Lizenzumsätze

  • Ziele nicht auf Umsätze, sondern auf Aktivitäten (versandte Angebote, Meetings) 

  • Ziele auf Anzahl von verkauften Produkten, nicht auf Umsätze

Überproportionaler Anstieg des Bonus 

Ein überproportionaler Anstieg bedeutet, dass der Bonus nach Erreichen des ersten Ziels mit jedem weiteren Ziel schneller wächst. Dies lässt sich auch so ausdrücken

(Bonus 1) / (Mehrumsatzziel 1) = X%

(Bonus 2) / (Mehrumsatzziel 2) = Y% 

Dabei nimmt der Anteil des Bonus’ zu, oder anderes ausgedrückt Y% > X%. Dahinter liegt die Annahme, dass der Zugewinn von Umsatz immer schwieriger wird. Die ersten Kunden oder Nachverkäufe lassen sich relativ einfach Umsätzen - doch nachdem die niedrig hängenden Früchte geerntet sind, wird es schwieriger. Dementsprechend steigt der Bonus “pro Frucht”, also pro weitem Euro Umsatz. 

Alternativen: 

  • Lineare Beziehung zwischen Mehrumsatz und Bonus, jeder weiterer Umsatzeuro wird gleich vergütet.

  • Abnehmende Beziehung zwischen Mehrumsatz und Bonus, die Vergütung für jeden weiteren Umsatzeuro sinkt

Vorteil: 

  • Anreiz auch komplexere Projekte nach der ersten Zielerreichung voranzutreiben

Nachteil: 

  • Für das Unternehmen steigende Kosten nach Erreichung des Umsatzziels

Komponente: Stufenweise, kumulative Ausschüttung

In diesem Vergütungsmodell wird die erfolgsabhängige Komponente stufenweise ausgeschüttet. Das bedeutet, wir definieren Schwellen nach dem initialen Ziel. 

Das Erreichen jeder Stufe löst einen Bonus aus, jede weitere Stufe löst einen zusätzlichen Bonus aus (daher kumulativ).  Der Bonusbetrag steigt (wie im vorherigen Absatz beschrieben) überproportional zu den erreichten Mehrumsätzen. Wird eine Schwelle nicht erreicht, wird der Bonus der an diese Stufe geknüpft ist nicht ausgeschüttet, der vorherige Bonus zählt.

Alternativen: 

  • Gleitende Bonusausschüttung für jeden weiteren Euro ohne Schwellen


Vorteil: 

  • Gemeinsame, konkrete Ziele und Anreize für das Vertriebsteam

  • Bessere Planbarkeit für das Unternehmen

  • Einfachere Berechnung des Boni

Nachteil: 

  • Das setzten der einzelnen Stufen erfordert Fingerspitzengefühl

Wann ist dieses Vergütungsmodell geeignet? 

Ookam Software wird oft bei Unternehmensnachfolgen in den Kreis der Gesellschafter aufgenommen. Eines der typischen Themen ist dabei den Vertrieb vom Gründer/Geschäftsführer unabhängiger zu machen, damit sich der Geschäftsführer mehr auf strategische Themen konzentrieren kann und andere Mitarbeiter die Chance haben zu wachsen. 

Bei der Strukturierung des Vertriebsprozesses und das Design eines entsprechenden Vergütungsmodells stellen wir dabei auf das Produkt, die individuelle Kundengruppe und Kultur des Unternehmens ab. 

Das Modell Strickland, ist dann besonders geeignet, wenn es wenige, eher komplexe Produkte mit einem hohen Preispunkt gibt. Denn, das bedeutet gleichzeitig, dass der Verkaufsprozess weniger Volumengetrieben ist, als vielmehr kooperativ und langfristig. 

In solchen Szenarien ergibt ein Anreiz auf dem Level des Teams (daher der gemeinsame Bonus) mehr Sinn - die gegenseitige Unterstützung und Motivation in der Mannschaft ist wünschenswert. Anders wäre es bei kleineren Produkten mit kürzeren Vertriebszyklen - hier sind individuelle Ziele oft fairer und effektiver. 

Aus Sicht der Unternehmensführung ist die Einfachheit der Zielsetzung und der Administration, nur möglich durch die Qualifizierung der Umsätze, ein wesentlicher Vorteil.  

Bei Rückfragen oder Feedback rund um den Vertrieb von Branchensoftware, Vertriebskompensation und Unternehmensnachfolge  sind wir jederzeit per Email (s.buenau@ookam-software.com) zu erreichen. 

Falls Sie sich fragten, woher der Name “Strickland” kommt: von der kanadischen Nobelpreisträgerin Donna Strickland (Physik).

Autor: Steffen Bünau